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Rhabarberwurzel - Rhei radix [Ph. Eur. 5. Ausgabe, Grundwerk 2005]

Stammpflanzen: Rheum officinale BAILLON / Chinesischer Rhabarber, Medizinalrhabarber sowie Rheum palmatum L. / Handlappiger Rhabarber, Medizinalrhabarber [Fam. Polygonaceae / Knöterichgewächse].

Botanische Beschreibung der Stammpflanzen: Rheum officinale ist eine ausdauernde Staude mit bis zu 3 m hohem, beblättertem Stengel und großen, rundlich-nierenförmigen, am Rande gelappten Blättern sowie einem aus einer Rübe bestehendem Wurzelsystem (Rübengeophyt). Rheum palmatum ist ebenfalls eine ausdauernde, kräftige Staude. Der beblätterte Stengel erreicht eine Höhe von ca. 1,5 m, die Blätter sind groß, rundlich-herzförmig und handförmig gelappt. Die Rübe ist bis 15 cm dick.

Verbreitung: Rheum officinale ist heimisch in SO-Tibet, SW-China und Burma, Rheum palmatum in den Gebirgen NO-Tibets und NW-Chinas.

Droge: Die ganzen oder geschnittenen, häufig geteilten, getrockneten unterirdischen Teile der Stammpflanzen oder deren Hybriden oder einer Mischung, die von Stengelresten und der Wurzelrinde samt anhaftender Nebenwurzeln befreit wurde und bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Hydroxyanthracenderivaten von 2,2 Prozent aufweisen, berechnet als Rhein.

Herkunft: Überwiegend aus Wildvorkommen in China, wo im Herbst oder Frühjahr die Wurzeln von 4-7jährigen, z. T. auch älteren Pflanzen ausgegrabenen werden.

Inhaltsstoffe: Anthranoide: Gehalt bis 12 %. Sowohl freie als auch glykosidierte Anthrachinone, Anthrone, Homo- und Heterodianthrone, davon etwa 60-80 % Anthrachinonglykoside. Hauptkomponenten sind 1-O- bzw. 8-O-Monoglucoside des Rheins, Chrysophanols, Aloeemodins, Physcions und Emodins. Weitere Bestandteile: Gallotannine, Phenylbutanone, Flavonoide, Chromone.

Wirkungen: Die Anthranoide aus Rhabarberwurzel besitzen eine laxierende Wirkung. Der Wirkungsmechanismus besteht vermutlich in einer Beeinflussung der Motilität des Dickdarms mit einer Stimulierung der Kontraktionen, die für den Transport des Darminhalts verantwortlich sind. Dies hat eine beschleunigte Darmpassage zur Folge, was zu der oben genannten Verminderung der Flüssigkeits- und Natriumionenresorption führt. In der Gegenrichtung werden durch Stimulierung des aktiven Transportmechanismus Chloridionen und als Folge dessen Wasser und andere Elektrolyte in den Darm abgegeben.

Anwendungsgebiete: Als Laxans bei Verstopfungen sowie Erkrankungen, bei denen eine leichte Darmentleerung mit weichem Stuhl erwünscht ist.

Gegenanzeigen: Rhabarberwurzel darf nicht während der Schwangerschaft, in der Stillzeit, bei Kindern unter 12 Jahren, bei Vorliegen eines  Darmverschlusses und bei akut-entzündlichen Erkrankungen des Darmes angewendet werden.

Unerwünschte Wirkungen:  In Einzelfällen können krampfartige Magen-Darm-Beschwerden auftreten. In diesen Fällen ist eine Reduktion der Dosis erforderlich. Bei chronischem Gebrauch/Missbrauch kommt es zu Elektrolytverlusten, insbesondere Kaliumverluste, Albuminurie und Hämaturie, einer Pigmenteinlagerung in die Darmschleimhaut (Pseudomelanosis coli). Die Pigmenteinlagerung gilt als harmlos und bildet sich nach Absetzen der Droge in der Regel zurück. Infolge der Kaliumverluste kann zu Störungen der Herzfunktion und zu Muskelschwäche kommen, was insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme von herzwirksamen Glykosiden, Diuretika und Nebennierenrindenhormonen (Cortison und andere Corticosteroide sowie Mineralocorticoide) der Fall ist.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln:  Bei chronischem Gebrauch/Missbrauch wird durch den dadurch verursachten Kaliummangel die Wirkung von herzwirksamen Glykosiden verstärkt. Weiterhin ist eine Beeinflussung der Wirkung von Antiarrhythmika möglich. Durch Kombination mit Thiaziddiuretika, Nebennierenrindensteroiden und Süßholzwurzel können die  Kaliumverluste verstärkt werden.

Dosierung und Art der Anwendung: In Form von Teebereitungen sowie verschiedenen Zubereitungen entsprechend 20-30 mg Hydroxyanthracenderivate pro Tag. Die gebräuchliche Einzeldosis der Droge beträgt 1-2 g. Zur Teebereitung Droge mit heißem Wasser übergießen und nach 10-15 Minuten durch ein Teesieb geben. Soweit nicht anders verordnet, morgens und/oder abends eine Tasse trinken. Die Anwendung sollte auf wenige Tage beschränkt werden, da ansonsten die Darmträgheit verstärkt wird.


Bilder:

Beide Arten des Medizinal-Rhabarbers sind stattliche Pflanzen, die eine dicke, rübenartige Wurzel besitzen. Die Blütenhülle besteht wie bei den meisten Knöterichgewächsen aus einem recht unscheinbarem Perigon und aus dem oberständigen Fruchtknoten entwickelt sich eine geflügelte Nuss (s. Abbildung links). Die ausgesprochen großen Blätter sind durch einen scharf gelappten Rand gekennzeichnet (s. Abbildung rechts).


© Thomas Schöpke