Zur Startseite ...
Rizinussamen - Ricini semen

Stammpflanze: Ricinus communis L. / Christuspalme, Hundsbaum, Rizinus, Wunderbaum [Fam. Euphorbiaceae / Wolfsmilchgewächse].

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Allgemein sehr schnell wachsender, je nach Region bis 5 m hoher baumartiger Strauch (Mittelmeergebiet) oder bis 13 m hoher Baum (Subtropen und Tropen) mit großen, bis 60 cm langen, schildförmigen, in mehrere eilängliche oder lanzettliche Lappen handförmig geteilten Blättern und bis 2,5 cm dicken, gestachelten Früchten.

Verbreitung: Beheimatet vermutlich in Afrika oder Indien, heute jedoch in nahezu sämtlichen tropischen und subtropischen Regionen der Erde verbreitet. Der Anbau erfolgt in zahlreichen Ländern, insbesondere jedoch in Indien, China und Brasilien

Droge: Die reifen Samen.

Inhaltsstoffe: 42-55 % fettes Öl, 20-25 % Proteine (u. a. Lektine, darunter das Glykoprotein Ricin), etwa 0,2 % des Alkaloids Ricinin und 2,5 % Kohlenhydrate.

Wirkungen: Ricin besitzt Antitumoraktivität und stimuliert das Immunsystem. Laxierend aufgrund der Hemmung der Rückresorption von Wasser und Ionen durch die im Magen-Darm-Trakt freigesetzte Ricinolsäure.

Anwendungsgebiete: Infolge der hohen Toxizität wird die Droge weder in der modernen Phytotherapie noch in der westlichen Volksheilkunde verwendet. In Nepal dient die Droge zur Empfängnisverhütung. Zu diesem Zweck werden während der fruchtbaren Tage 1 bis 2 Samen pro Tag eingenommen. In Äthiopien wird von Frauen der aus den Samen hergestellte Heißwasser-Aufguss zur Anregung des Uterus und als Kontrazeptivum zur Verhinderung der Einnistung der Eizellen getrunken. In ganz Afrika ist die Anwendung von Rizinussamen als Abführmittel verbreitet.

Akute Toxizität: Ricin zählt zu den stärksten natürlich vorkommenden oder synthetischen Giften. Die Ricinkonzentration im Samen beträgt ca. 0,1 %, die letale Dosis etwa 0,25 mg. Unter der Bezeichnung "agent W" wurde Ricin im Jahr 1962 als chemischer Kampfstoff zum patent angemeldet. Bei einem Samengewicht von 0,25 g ist die letale Dosis somit bereits in einem Samen enthalten. Allgemein gilt der Genuss von 2-20 Samen bei Erwachsenen als tödlich. Somit gehören Samen und damit die Pflanze zu den gefährlichsten natürlichen Giften. Die Gefährlichkeit wird zudem noch durch das attraktive Aussehen und den angenehmen, haselnussartigen Geschmack der Samen gefördert.

Allgemeine Therapiemaßnahmen bei akuter Vergiftung: Entfernung des Toxins aus dem Magen-Darm-Trakt durch Magenspülung, Abführmittel und Absorbentien als Primärmaßnahmen.


Bilder:

Die durch ein rasantes Wachstum gekennzeichnete Rizinuspflanze ist in den Tropen und Subtropen sehr häufig an Straßenrändern und in Gebüschen anzutreffen. Anhand der großen, handförmig geteilten Blätter ist sie leicht zu erkennen (s. Abbildung links). Auch die Früchte können aufgrund ihrer lang und dick gestachelten Fruchtwand als ausgesprochen charakteristisch bezeichnet werden (s. Abbildung rechts).


Literatur: Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 6, Drogen P-Z, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1994; Neuwinger HD, Leon-Rot S, Ricinus communis L. (Euphorbiaceae) in der afrikanischen traditionellen Medizin, Drogenreport 16 (Nr. 30 2003): 89-92; Poelchen W, Wirkner K, Ricin - Ein potenzieller biologischer Kampfstoff, Pharmazeutische Zeitung 148 (2003): 466-468.


© Thomas Schöpke